Als Teilnehmerin des Praxisseminars möchte ich gern meine Eindrücke schildern und zeigen, wie abwechslungsreich und spannend der Sommer auch in einer Lehrveranstaltung sein kann. Am Montagmorgen traf sich unsere fachlich bunt gemischte Gruppe zum ersten Mal in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB). Die erste Woche des Praxisseminars bestand aus Inputs und Übungen zu verschiedenen Themengebieten sowie spannenden Exkursionen. Unter anderem beschäftigten wir uns mit dem Umgang mit Gefahrstoffen und dem Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz allgemein. Ich spreche vermutlich für alle Teilnehmenden, wenn ich sage, dass wir seitdem nie wieder einen Raum betreten können, ohne auf merkwürdige Gerüche oder einen Asbest-Warnsticker zu achten.
Von Glasaugen und antiken Vasen: Der sensible Umgang mit Sammlungsobjekten analog und digital
In einem Außendepot der Jenaer Kustodie stand dann am nächsten Tag der Umgang mit Objekten im Mittelpunkt. Das Credo lautete: „Bloß nichts fallen lassen!“ Und so verpackten und entpackten wir munter Bilder, Büsten und Glasaugen, wobei Letztere besonders faszinierend waren. Später am Nachmittag hatten wir die Gelegenheit, die Restaurierungswerkstatt der ThULB zu besichtigen. Im ersten Teil wurden wir vor allem für den sorgsamen Umgang mit geliehenen Fachbüchern sensibilisiert. Die gezeigten, mit Kaffee überschütteten „Wasserleichen“ von Büchern ließen mich meinen oftmals vielleicht etwas zu nachlässigen Umgang mit Lehrmaterialien überdenken.
Der Mittwoch startete mit einer Schulung zur Objekterfassung, bei der das Programm digiCULT.web eingesetzt wurde. Besonders erstaunlich war, wie schwer es uns teilweise schon bei unseren Übungsobjekten – Alltagsgegenständen aus einer neuen Sammlung der ThULB – fiel, diese zeitlich einzuordnen oder ihre Funktion zu benennen. Am Nachmittag folgte die Besichtigung, die mir persönlich am besten gefallen hat: die Führung durch die Antikensammlung der Universität in der Carl-Pulfrich-Straße. Dort erlebten wir einen Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Antike und machten uns mit dem Umgang mit antiken Gebrauchsgegenständen wie Vasen und Geschirr vertraut. In einem anschließenden Gespräch mit der Restauratorin konnten wir außerdem erfahren, wie die Digitalisierung von Büsten, Statuen und allgemein eher großen und unhandlichen Objekten stattfindet.
Als uns am Donnerstagmorgen die Grundlagen der digitalen Objektfotografie nähergebracht wurden, hinterfragte ich alle Fotos, die ich bisher geschossen und eigentlich für gelungen gehalten hatte. Bis dahin war mir nicht bewusst, mit welcher wissenschaftlichen Exaktheit ein simpel wirkendes Foto aufgenommen werden kann und wie ein geübtes Auge schon minimale Abweichungen von den Idealwerten erkennen kann. Nach einer erfrischenden Mittagspause, in der wir das neue Eis-Angebot der ThULB verköstigt hatten, wagten wir den Aufstieg auf den Dachboden des Universitätshauptgebäudes, wo sich große Teile der Sammlung des Herbarium Haussknecht befinden. Die endlosen Reihen von Schränken, hinter denen in den Ecken noch weiteres Sammlungsgut verstaut wurde, boten einen Einblick in die enorme Größe, die eine Sammlung über die Zeit erreichen kann. Am Freitag dann beschäftigten wir uns mit den Themen Ethik, Recht und Nachnutzung von Daten und Digitalisaten und staunten über einige irrwitzige Gesetzmäßigkeiten. Zum Wochenabschluss transportierten wir später unser Fotoequipment zur historischen Gerätesammlung in der Physik, wo wir die folgende Woche verbrachten.
Digitalisierungsarbeit in der Praxis: Präzision und Teamwork
Am Montagmorgen trafen wir uns dann alle wieder dort, doch bevor es nach einer Führung durch die Sammlung richtig los gehen konnte, musste natürlich erst noch unsere Ausrüstung aufgebaut werden. In vier kleinen Gruppen versuchten wir, uns jeweils einen Fotoaufbau zu basteln. Nach einigem Probieren, Fragen, verwirrtem Betrachten der zahllosen Einzelteile und Zurechtschneiden des Fotohintergrundes waren wir dann endlich bereit für unser erstes Objekt. Mit äußerster Präzision richteten wir in den nächsten Tagen Voltmeter, Gasentladungsröhren und allerlei andere Geräte so aus, dass wir eine möglichst vollständige und ästhetische Rundumansicht fotografieren konnten. Neben dem Schießen von möglichst ideal ausgeleuchteten Fotos sorgten wir auch dafür, dass jedes Gerät einen Eintrag in der digiCULT.web-Datenbank erhielt und dort möglichst umfassend beschrieben wurde. Dazu half uns in vielen Fällen das Auffindebuch der Sammlung, in dem wir nach den alten Inventarnummern auf den Objekten suchten und diese wie bei einer kleinen Schnitzeljagd identifizieren konnten. Es war für uns von enormem Vorteil, dass die Geräte schon einmal aufgenommen, benannt und mit einigen Informationen versehen worden waren, denn sonst hätten wir schon bei der Benennung alt ausgesehen. Auch untereinander vernetzten wir uns und tauschten uns über Probleme und deren Lösungen aus, sodass wir nach und nach alle einen guten Workflow finden konnten. Während einige von uns, darunter auch ich, durch die Bedienung der Macbooks mit der der Fotosoftware vor ungeahnte Herausforderungen gestellt worden – es wollte partout nicht das tun, was ich von ihm wollte – konnten wir am Ende doch alle sehr zufrieden mit unserer geleisteten Arbeit sein und uns am Donnerstag guten Gewissens ein letztes gemeinsames Mittagessen in der Philo-Mensa genehmigen.
Fazit: Eine lehrreiche und vielseitige Erfahrung
Insgesamt waren wir uns einig, dass uns die letzten zwei Wochen, und insbesondere unsere eigene Digitalisierungsarbeit, großen Spaß gemacht haben und wir gern noch länger weitergearbeitet hätten. Das verdanken wir zu einem großen Teil unseren engagierten Mentorinnen, die uns stets unterstützend zur Seite standen und eine lockere, angenehme Arbeitsatmosphäre geschaffen haben, in der trotz aller Konzentration das Lachen nie zu kurz kam. Durch die Mitarbeiterinnen der Sammlungen und der Restaurierungswerkstatt, die sich Zeit für uns genommen und uns Einblicke in ihre Arbeit gegeben haben, wurde das Praktikum zudem äußerst vielseitig und abwechslungsreich. Abschließend lässt sich sagen, dass das Praktikum für uns alle eine bereichernde und lehrreiche Erfahrung war. Wir konnten nicht nur unser Wissen über die Digitalisierung und den Umgang mit historischen Objekten vertiefen, sondern auch praxisnahe Einblicke in die vielfältigen Tätigkeitsbereiche der Bibliothek und ihrer Sammlungen gewinnen. Die herzliche Unterstützung durch die Mentorinnen und Mitarbeiterinnen sowie die abwechslungsreichen Aufgaben haben uns gezeigt, wie spannend und facettenreich die Arbeit im Kulturbereich sein kann.
Autorin: Laura Weise
Infos zum Projekt digiKulTh (Digitale Kulturwerkbank Thüringen) und dem Praxisseminar unter https://dksm.thulb.uni-jena.de/digikulth/