Der Nachlass einer englischen Prinzessin in Greiz
Womit verbringt eine englische Prinzessin eigentlich ihre Zeit und welchen Interessen geht sie nach? Im Falle von Elizabeth von Großbritannien und Irland kann die Frage leicht beantwortet werden: mit Kunst und der Pflege der eigenen Privatsammlung. Eliza, wie sie von Freunden und Familie genannt wurde, sammelte mit großer Leidenschaft englische Druckgrafik, Archivalien zur englischen Geschichte und zum englischen Königshaus, illustrierte Bücher und Manuskripte zu Naturwissenschaften, Kostüm- und Trachtenkunde, sowie asiatische Kunst, Landkarten und Musikalien.
Eliza sammelte aber nicht nur Kunst, sie war selbst eine begabte Künstlerin: Von Kindesbeinen an war sie von den bedeutendsten Kunstschaffenden Englands, in den verschiedenen Techniken ausgebildet worden. In ihrer Sammlung finden sich zahlreiche ihrer Zeichnungen, Scherenschnitte und Druckgraphiken, die ihr beeindruckendes Talent bezeugen. Durch Erbschaft gelangte die Sammlung der englischen Prinzessin nach Greiz. Heute wird sie im Sommerpalais in der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz verwahrt.
Eliza goes digital
Ziel der Digitalisierung des Elizabethbestands ist es, die Sammlung der Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich zu machen und sie zugleich dauerhaft zu erhalten. Das geht nur digital! Künftig soll der gesamte Elizabethbestand aus Greiz als hochauflösende Scans in kulthura, dem Kultur- und Wissensportal Thüringens, präsentiert werden. Die Erschließung des Bestandes mit den Erfassungssystemen der ThULB ermöglicht außerdem die Integration der Metadaten in übergreifende Informationssysteme wie die DDB, EUROPEANA, Kalliope oder das Museumsportal-Thüringen.
Der Weg dahin erfolgt in drei Schritten: Erfassung, Restaurierung und Digitalisierung. Hierzu arbeitet die Abteilung Digitales Kultur- und Sammlungsmangement der ThULB eng mit der Restaurierungswerkstatt und der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung in Greiz zusammen. Nach der Sichtung der Bestände in Greiz und dem Abgleich mit den historischen Inventaren, wird der gesamte Elizabethbestand Blatt für Blatt von einer Restauratorin der ThULB begutachtet und restauriert, im Digitalsierungszentrum ThULB gescannt und vom Team des digitalen Kultur- und Sammlungsmanagements identifiziert und erfasst.
Eine kleine Sensation
„Ein derartiger Schatz von Englischen Schabkunstblättern besteht meines Wissens auch nicht annähernd auf der ganzen Welt außer an der einen Stelle, dem British Museum zu London. Jedenfalls birgt der Continent auch nicht entfernt etwas ähnliches und die Veröffentlichung dürfte In Interessenkreisen eine kleine Sensation hervorrufen.” Mit diesen Worten lobte Dr. Hans W. Singer vom Kupferstichkabinett Dresden, in einem Gutachten von 1920 die Schabkunstsammlung aus dem Nachlass Elizas in Greiz. Doch auch der Rest der Kunst- und Büchersammlung ist von unzweifelhafter Qualität. Eigenhändige Werke Elizas sowie ihre persönliche Korrespondenz gewähren zudem Einblicke in ihr Umfeld und ihre Gedankenwelt.
Mit der Digitalisierung und Veröffentlichung des gesamten Bestandes, ist die digitale Infrastruktur zur tiefergehenden Erforschung der Sammlung Elizas, in Geschichte, Kunstgeschichte, Kulturwissenschaft und Literaturwissenschaft geschaffen. Rund einhundert Jahre nach Singers Begutachtung wird die Veröffentlichung der Sammlung nochmals eine Sensation in Fach- und Interessentenkreisen auslösen.
Autorin: Nina Maria Reichel
Projektpartner | Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz |
Förderzeitraum | 01.12.2021–30.09.2022 |
Fördergeber | Thüringer Staatskanzlei, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) |
Fördersumme | 72.250 € |